KÜNSTLERARTENSCHUTZ

Christina Lux

NEWS 

April 2024


Ich kann es kaum fassen, aber es ist geschehen. Der diesjährige PRO MUSIK AWARD 2024 für herausragenden und unermüdlichen Einsatz im Interesse aller freien Musikschaffenden ging an mich. Letztes Jahr bekam ihn der famose Matthias Hornschuh. Was für eine Wertschätzung. Dank an alle, die mich nominiert haben und dann für mich stimmten. Das gibt neuen Antrieb, weiter aktiv zu sein. Nominiert und abgestimmt haben die Mitglieder des PRO MUSIK Verbandes. Was da in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon auf die Beine gestellt wurde, ist großartig.


Solltet ihr Musik machen, dann werdet Mitglied. Es gibt so vieles, warum sich das lohnt. Vom neuen Elevator bis hin zu Beratung bei Verträgen und vieles mehr. Unter dem Link findet sich alles:

PRO MUSIK VERBAND

April 2021


Am 27.04. war ich zum Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin geladen. 14 Kulturschaffende aus verschiedenen Branchen waren geladen. 


Hier könnt ihr das Gespräch sehen und hören.


Heute durfte ich dann noch in Corso beim DLF ein Interview geben, um noch einmal mehr auszuführen, was mir auf der Seele brennt. Danke an Kerstin Janse und die Moderatorin Azadê Peşmen

Hier lauschen

Die Zeit rennt und schleicht zugleich

März 2021


Unfassbar. Ein Jahr ist rum seit dem ersten Lockdown. Ich denke niemand hätte gedacht, dass es so lang dauern wird. Nun sind wir weiter, aber oft nicht schlauer, wie mir scheint. Sind wir systemrelevant? Hm. Würde ich heute anders sagen. Ich bin Teil des Systems. Weil Kultur das schlicht ist. Systemrelevant sind die, ohne die hier echt alles was Versorgung bedeutet zusammen bricht. So sehe ich das heut.


Es hat Kommunikation gebraucht. Und es braucht sie noch. Um der Regierung aufzuzeigen, wie vielschichtig Berufe in der Kultur sind und wie man Hilfsprogramme auch so gestaltet, dass niemand durch das Raster rutscht.  Da muss viel erklärt werden. Einiges wurde schon erreicht. Ich arbeite bei der Kulturinititaive 21 mit. Wir sind Menschen aus verschiedenen Kulturbereichen und sammeln immer wieder Anliegen, um sie dann auch weiter an die Regierung zu adressieren. 


Ich gestehe, die Zeit beutelt mich und macht unendlich müde. Ich versteh die Maßnahmen, aber nicht die Unlogik, die in so vielen Entscheidungen steckt. Ich versuche ein neues inneres Betriebssystem aufzubauen. Die Art mit Musik in Lebendigkeit zu kommen, wie es mal war, gibt es nicht gerade. Und das wird auch noch dauern, fürchte ich. 


Karl Valentin sagte mal: Ich freu mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, dann regnet es auch. Das hilft ein wenig.


Man muss sehr wachsam sein, um die Hilfen auch richtig zu beantragen, wie es richtig ist. Da kann man ganz schön ins rotieren kommen. Bisher habe ich aufgrund eines guten Jahres in 2019 ganz gut Versorgung bekommen, auch wenn es zu lange gedauert hat. Und ich bin trotz vieler Dinge, die mich wütend machen, auch enorm dankbar. 


Bleibt dabei. Unterstützt Eure liebsten Künstler. Wenn wir wissen, dass Ihr da seid, dann wissen wir auch, wo der nächste Landeplatz sein wird.


1001 Dank!


Es wird Zeit erwachsen zu werden.

März 2020


Meine Gedanken machen wilde Höps. Ja, ich bin Erfinderin. Erfinderin von Worten und Erfinderin von Möglichkeiten. Ohne diese Fähigkeit wäre ich in meinem Leben schon so einige Male sang und klanglos untergegangen. Ich wurde Musikerin, weil ich meine Gedanken ordnen musste, meine Klarheit entstand, weil Musik hörbar und fühlbar machte, was ich auf andere Weise nicht erreichen konnte. Zuerst nur für mich. Um dann zu meiner großen Freude zu erfahren, was das mit anderen macht. Genau das, was ich selbst erfuhr, wenn ich Musik belauschte oder vor einem Bild stand, welches mich im tiefsten Innern berührte. Was für eine herrliche Macht. Wenn sie in Demut bleibt, wenn sie nicht will, sondern liebt und getragen ist von Berührung, die es möglich macht sich selbst zu begreifen, dann wurde und wird es richtig spannend für mich. Es ist nicht mehr die Bestätigung, dass ich gut bin, wenn der Applaus kommt, sondern die Gewissheit, dass hier etwas ausgetauscht wird. Das ist für mich der Ur-Sinn von Kunst. Und deshalb brauchen wir sie.


Ich denke an meine liebe Freundin Regy Clasen und unser letztes Gespräch im Hospiz. Sie fragte mich, was sie denn wohl hinterließe. Der sogenannte große Durchbruch, das war nicht ihr Weg. Auch der von Edo Zanki, Susan Weinert, Stephan Ullmann und Astrid North nicht. Aber sie alle sind Frederick's. Genau diese Geschichte fiel mir ein. Ein Kinderbuch, das ich liebe. Und ich sagte: Du bist diejenige die, wenn alle Vorräte verbraucht sind, Licht, Sonne, Farben und Töne hinterlässt, die wir so dringend brauchen, um unsere Seelen zu nähren. Ein Geschenk für diese Welt, meine Sonne.


Wir müssen aufhören an Türen zu kratzen, die sich nicht öffnen. Wir müssen aufhören unsere Kräfte über die Maßen in Empörung und Wut zu vergeben um am Ende ohn-mächtig in der Ecke zu liegen, weil es nicht geschah. Keine Rettung. Was jetzt? Wir wurden nicht gehört. Wir sind nichts. Unwichtig, vergessen. Nein, das sind wir nicht.


Ich springe zurück. Wir erhoffen uns immer von unseren Eltern, dass sie uns sehen mögen, anerkennen und versorgen. Wir tun sehr viel, um das zu erreichen. Und in den allermeisten Fällen zahlen wir einen hohen Preis dafür. Weil wir uns verstellen und anpassen, um versorgt zu sein. Wir müssen das. Und wenn Du Menschen triffst, die als Erwachsene noch immer hoffen, dass der Vater oder die Mutter doch endlich sehen mögen, wer sie sind, dann weißt Du, sie hängen fest. Das gilt es zu entknüpfen. Es gibt nichts Befreienderes, als genau das zu tun. An diesem Punkt beginnt Selbstwirksamkeit und die Fähigkeit die Verantwortung für das eigene Tun und Handeln ganz in die eigenen Hände zu legen. Ob Du ein Arsch wirst oder ein Liebender, das ist Deine Entscheidung.


Wir möchten so gerne versorgt sein. Und in diesen Zeiten zeigt sich ein ähnliches Gebilde. Der Staat ist der Vater, die Mutter. Wir wollen, dass er uns sieht. verzweifelt klopfen wir und jammern und hoffen und appellieren. Bis wir müde werden. Und darüber vergessen wir die Selbstwirksamkeit. Es soll uns jemand versorgen. Wir geben unserer eigenen Möglichkeiten ab.


Nein, ich werfe niemandem seine Angst, Lähmung und Verunsicherung vor. Die hab ich auch. Aber irgendwann klickt etwas ein. Die große Frage: Werde ich jetzt still weinend in der Ecke sitzen bleiben mit der großen Enttäuschung, die meine Beweiskette nichts wert zu sein wieder schließt? Oder mich endlos aufreiben darüber, dass ich immer und immer wieder meinen Kopp an die Wand haue, damit sie sehen? Schau doch, sie lassen mich hängen, sie sehen mich nicht. Ich bin ein Opfer. Hier weigere ich mich. Nein, ich bin kein Opfer.


Mein Appell will vielmehr an Euer Wertgefühl ran. An die Punkte, an denen ihr in die Falle geratet, dass das schleichende Gefühl "was steht denn mir schon zu", welches ihr ohnehin schon mehr oder weniger leise immer getragen habt, hervorlugt. In so vielen Gesprächen in den letzten Wochen mit Kollegen kam dieser Punkt immer wieder deutlich zu Tage. Sie sagten: Ist ja kein richtiger Beruf. Schönes Hobby, was machen sie denn hauptberuflich? Die Mutter, die sich schämte für die Tochter, als sie sagte sie wolle Musik studieren. Aber es macht mir doch Spaß, darf ich dafür auch Geld nehmen? Ich kann doch nicht nach Hilfe fragen dafür, was ich da tue. Ist doch nur Kunst oder Musik….usw


Wir müssen endlich erwachsen werden. Und uns Er-Innern. An die Kraft, die in uns steckt und an die Selbstwirksamkeit. Wie kann ich statt darauf zu warten, dass jetzt endlich jemand kommt und mich rettet, selbst Wege erschließen? Wie geht das, sich gegenseitig zu unterstützen und zu verbünden? Wenn viele ein wenig geben, bewegt man plötzlich viel. Das ist meine Idee vom Künstlerartenschutz. Unabhängig werden und autarke Wege erschließen, wenn Vater/Mutter-Staat es nicht kapiert. Und diese Zeit ist jetzt. Weil wir uns jetzt gegenseitig brauchen.


Nein, wir sollten nicht aufhören zu kämpfen, aber wir sollten genauso an Wegen arbeiten, die uns von Systemen unabhängig machen. Baut ihn jetzt Euren kleinen CD Shop, verschickt liebevoll, wenn ihr es tut. Vielleicht fallen Euch noch andere Dinge ein, die ihr kreieren könnt. Traut Euch auch nach Support zu fragen. Unterstützt andere. Sucht nach Wegen zu helfen. Stärkt Euch gegenseitig, wo ihr nur könnt. Werdet Familie, gesunde Familie, in der nicht übergestülpte Identifikationen, sondern gesunde Identität zählt. Hört zu. Umarmt Euch selbst und dann Andere. 


Love & Lux endlos.


Foto: meyeroriginals


Musik ist Demokratierelevant würde ich heute sagen. 

Nachtrag vom 01.05.2024



Liebe Künstlerartenschützer, liebe Luxlauscher!


Nun sind seit meinem Brief vom 22.4. schon wieder anderthalb Monate vergangen seit meinem Post zur Systemrelevanz. Die Lage für Soloselbstständige und freie Künstler*innen bessert sich nicht wirklich. Was uns Musiker*innen anbelangt befürchten wir ein ziemliches Clubsterben.


Leider sind die Hilfen des Bundes auf drei Monate beschränkt und die erhaltenen Soforthilfen dürfen bis auf 2.000 Euro als Selbstbehalt für private Ausgaben (in NRW) nur für Betriebsausgaben verwandt werden. Und die gilt es jetzt zu definieren, was nur zögerlich geschieht.


ALG II soll die Hilfe sein. Ist sie aber leider nicht. Es zeigt sich immer deutlicher, dass diese Unterstützung wenig hilfreich ist. Trotz vereinfachter Anträge in den Jobcentern, die der Bundesagentur für Arbeit unterstehen (über 100 sind von Kommunen geführt und wenden die Anträge oft nicht an) gibt es viele Probleme. Es fängt schon damit an, dass man die Regelung zur Bedarfsgemeinschaft nicht geändert hat. Das bedeutet, dass das Gehalt des Partners so mit verrechnet wird, dass beiden nur noch 432,- Euro bleiben.


Auch Bafög für ein im Haushalt lebendes Kind wird mit angerechnet, so dass im Grunde die Möglichkeit einen kleinen Betrieb weiter zu führen völlig dahin ist. Und jegliche Anstrengung, sich wieder zu entlasten, führt dazu, dass das Geld ständig verrechnet wird und man einfach nicht mehr herauskommt. Neuinvestitionen, Dispo, Kredit alles weg. Es wird darauf hinauslaufen, dass viele schlicht in die Arbeitslosigkeit fallen werden. Traurig. Die Politik des Bundes bleibt stur und die Länder kommen nicht in Bewegung.


Deshalb ist es um so wichtiger, dass Künstlerartenschützer am Start sind. Und jeder, der Kultur jetzt erhält ist ein echter Held für mich. Man kann jetzt nur hoffen, das wir durch diese Zeit kommen, denn Konzerte sind in den letzten Jahren zu dem Standbein schlechthin geworden.


Wir werden weiter kämpfen, um das Beste möglich zu machen und wieder weiter zu strahlen.


Support each other


Dieser Artikel von Catharina Boutari und Lux erschien am 12.06.2020 bei Bonedo. Mit Klick auf das Bild könnt ihr ihn lesen.


Demokratierelevanz - Ein offener Brief
vom 22.04.2020

Update 28.04.21:
Heute würde ich diesen Begriff nicht mehr verwenden. Ich bin Teil des Systems. Und wichtig. Systemrelevant sind die Versorger. Demokratierelevanz passt sehr viel besser.


Es geht mir nicht um eine Extrabehandlung für Künstler, sondern eine vernünftige Regelung für alle Soloselbstständigen. Die Mär vom Künstler, der gern als von der Hand in den Mund lebender gesehen wird, geht mir gehörig gegen den Strich. Ja, es gibt diese Form, aber das ist nur ein Teil. Der andere
Teil sieht anders aus. Wie das genau in Zahlen aussieht, kann ich allerdings nicht sagen. Ich spreche hier für die, die seit Jahrzehnten, so wie ich (oder deutlich größer), unabhängig ihren Weg gehen. In Deutschland sind fast 190.000 (davon 53.000 Musiker Zahlen von 2018) Künstler in der KSK (Künstlersozialkasse)
Um dort Mitglied zu sein muss man mindestens 3.900 Euro aus selbstständig künstlerischer Tätigkeit jährlich erwirtschaften.
https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/ksk-in-zahlen.html

Seit nunmehr 37 Jahren mache ich Musik. Seit 1998 stehe ich damit, ohne je Hilfe des Staates in Anspruch genommen zu haben, auf eigenen Füßen. Ich habe ein einziges Mal Geld vom Staat bekommen, als mein Kind 1991 zur Welt kam und ich Erziehungsgeld bekam. Gut, dass es das gibt. Ich habe 9 Alben produziert und unzählige Konzerte gespielt. Ich zahle brav meine Steuern (und das nicht zu knapp) und mache das gern, weil wir ein zwar durchaus lückenhaftes System haben, aber eben auch eines das Schirme aufspannt für Leute die straucheln. Das Menschen hilft, wenn nichts mehr geht (auch wenn es da eine Menge zu kritisieren gibt, in welcher Art das geschieht. Das muss überdacht werden und geändert). In diesem Land kann man frei zur Schule gehen und studieren. Es gibt eine Krankenversicherung für jeden und so einiges mehr. Und wir haben eine freiheitlich demokratische Grundordnung die, wie man in vielen Ländern sehen kann, so nicht selbstverständlich ist. Ich möchte, dass das so bleibt.

Nein, ich sitze nicht den ganzen Tag verträumt auf einer Wiese und klimpere ein bisschen auf der Gitarre um mich zur Selbsterfreuung meinen kreativen Momenten hinzugeben und dann zu erwarten, dass ich von irgendeinem System selbstredend versorgt werde. Ich habe einen kleinen Betrieb. Und der läuft seit über 20 Jahren und ich habe ihn stetig weiter aufgebaut in großer Unabhängigkeit. Ich produziere meine Alben und finanziere diese durch Crowdfunding und mit dem Geld, welches ich mir zuvor erwirtschaftet habe. Den Großteil meiner Zeit verbringe ich im Büro. Ich buche meine Konzerte, mache Promo, meine Steuer und organisiere meine Touren.

Und dies in einer Zeit, in der die Musikbranche zunehmend in einen Zustand gerät, in dem es für einen Künstler nur eine einzige verlässliche Einkommensquelle gibt: Konzerte. Und daran hängt eine komplette Branche. Bestehend aus Veranstaltern, Ton,-und Lichttechnikern, Cateringservices, Bookern, PR Leuten, Grafikern, Fotografen, Studios, Presswerken, Labels, Roadmanagern und Verlagen und selbstredend auch Musikern, die man sich für ein Projekt bucht. Wahrscheinlich habe ich noch einige Bereiche vergessen.

Seit es Streaming gibt (ich darf kurz erwähnen, dass ein Stream im Schnitt etwa 0,003 Euro zum Künstler bringt) gibt es die Einnahmequelle CD Verkauf hauptsächlich nur noch im Livegeschäft. Wenn meine 800 verkauften Exemplare im Vertrieb schon als ganz gut gelten, dann kann man sich ausrechnen, was in den meisten Fällen an dieser Stelle noch geht. Nicht viel. Auch ein Grund, warum viele große Labels inzwischen Deals machen, bei denen sie bei ALLEM was ein Künstler erwirtschaftet beteiligt sind. Und das macht klar, dass es ohne Konzerte nicht möglich ist zu überleben. Garnicht.

Ein weiteres Standbein ist für die, die ihre Songs selbst schreiben, die Gema. Ohne diese Ausschüttungen könnte ich von meiner Musik nicht existieren. Jedes Live Konzert bringt einen Betrag, der einen Teil meiner Kosten mit deckt und der enorm wichtig ist. All das wird jetzt wegbrechen. Und es gibt natürlich auch Geld für Airplay und TV. Die allermeisten Radiostationen allerdings spielen sogenanntes Formatradio. Das bedeutet, dass es für einen kleineren oder nicht Mainstream Künstler oft sehr schwer, bis unmöglich ist, dort stattzufinden, was weitere Einnahmen generieren würde. Dazu haben wir die Aktion Airplay for Artists gestartet, die Resonanz ist leider fast gleich null. Traurig. Öffentlich rechtlich bedeutet eigentlich, dass die Kultur des Landes auch dargestellt wird. Das ist bei vielen Sendern nicht mehr der Fall. Hier wird verzweifelt auf vermeintliche Hörerwünsche geschielt und das Programm dementsprechend stromlinienförmig gestaltet. Ein unsäglicher Zustand.

Mehr zu Airplay For Artists hier

Uns wird im Moment gern vorgehalten, wir hätten ja keine Rücklagen gebildet. Also wirklich. Jeder Soloselbstständige, ob er nun Kuchen backt oder Kleider schneidert oder etwas anderes verkauft, tut das, was möglich ist, um sich zu erhalten und den Betrieb aufzubauen und auch zu investieren. Und er sieht auch zu, dass er im Alter nicht völlig mittellos dasteht. Deutschland hat die Künstlersozialkasse. Ein Segen. Ich zahle jeden Monat über 400,- in diese Kasse ein um Renten,- und krankenversichert zu sein. Außerdem habe ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung und zwei Lebensversicherungen abgeschlossen, die mich im Alter ein wenig besser versorgen können. Soviel zu Rücklagen. Diese wären mit ALG II in Gefahr, auch wenn behauptet wird, das sei jetzt alles so einfach, hören ich von 20 Seiten Formularen und Offenlegungen, die nicht zu fassen sind. Allein die Regelung der Bedarfsgemeinschaft ist unzumutbar. In meinem Fall kämen, aufgrund des auch kleinen Einkommens meines Partners, 150,- Euro Grundsicherung für mich heraus. Ich müsste ihn nötigen ebenfalls auf 432,- Selbstbehalt zu gehen, damit wir da überhaupt etwas bekämen. Ich zitiere: "Erheblich ist sofort für den Lebensunterhalt verwertbares Vermögen der Antragstellerin/des Antragstellers über 60.000 Euro sowie über 30.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft. Beispiele: Girokonten, Sparbücher, Schmuck, Aktien, Lebensversicherungen." Auch ein Punkt, der einen platt macht, statt den Betrieb und die eigene Versorgung zu erhalten. Das Aus für jede Art der Neuinvestition in Ware/CDs um weiter beweglich zu bleiben und meinen kleinen Betrieb zu erhalten.

Viele meiner enorm wackeren Kollegen haben das die letzten Jahre so gemacht wie ich und auch sehr gut hinbekommen. Einige sogar noch in viel größerem Umfang, was die Touren anbelangt und die beschäftigten Menschen. Ich habe immer darauf geachtet, dass ich meine Umsätze so hinbekomme, dass ich meine Arbeit in Freiheit und mit größtmöglicher Marge machen kann, so dass ich auch von 30-40 Konzerten, meinem CD Verkauf und meinen Workshops all diese Dinge halten kann. Das ging nur, indem ich sorgsam einen Eintrittspreis erspielt habe, der würdig war. In einer Zeit, in der das konsumieren von Musik völlig ohne etwas zu geben möglich ist, muss man seine Künstlerartenschützer auch klar informieren. www.kuenstlerartenschutz.de ist meine Seite dazu, die ich gerade aufbaue. Und ich muss sagen, dass ich ohne diese wunderbaren Luxlauscher und Unterstützer diese Zeit überhaupt nicht überstehen würde. Sie geben und wollen erhalten, was meine Musik ihnen gibt. Ein Glück. Und das geht vielen so, deren Werk den Menschen gibt, was die Seele dringend braucht. Aber von Spenden zu leben kann der Weg langfristig nicht sein. Ich habe einen Beruf.

Ich kann nicht immer von der Wichtigkeit der Kultur reden und sie zugleich als nicht systemrelevant betrachten oder sie zu kleinen Bittstellern herunter reden. Dies an Frau Grütters und alle Politiker, die das nicht begreifen, wie es scheint. Denn die wenigsten kleineren Veranstalter und Betriebe haben Unterstützung von Stadt oder Land. Sie schaffen das mit viel ehrenamtlicher Arbeit oder großem Idealismus und geben uns dafür den Boden, um eine Bühne zu haben und Kultur zu erhalten. Kultur ist, wie Johannes Rau schon einmal so treffend sagte, nicht die Sahne auf dem Kuchen, wenn es einem gut geht, sondern die Hefe im Teig. Ohne Hefe wird das Brot zu Stein.

Ich spreche hier für all die Kollegen und alle Soloselbständigen, die sich etwas aufgebaut haben und für die diese Grundsicherung nun für ihren Erhalt reichen soll, was sie nicht tut. Unsere Betriebsstätte ist in den allermeisten Fällen daheim. Und es gibt nicht diese Art von Betriebskosten eines Ladenlokals oder eines Mitarbeiters. Und ja, man muss außer den Betriebskosten auch versorgt sein. Es ist aber enorm wichtig den Betrieb zu erhalten. Von den 2 Millionen Soloselbständigen werden viele, ohne vernünftige Unterstützung, ihren Betrieb verlieren und dann wirklich arbeitslos sein. Das kann nicht das Ziel sein. Wie in Baden Württemberg oder Bayern sollte den Künstlern und Soloselbstständigen ermöglicht werden sich, wie auch in NRW ursächlich so formuliert, einen Selbstbehalt von der Soforthilfe für den Monat auszuzahlen, um die Versorgung über ALG II möglichst zu umgehen und einen Weiterbetrieb zu ermöglichen, ohne dass der Betrieb völlig lahm gelegt würde. Denn das würde passieren, wenn man die Leute so auf Eis legt. Und bitte, versorgt alle damit, die den Antrag berechtigt gestellt haben. (So einige haben bis heute nichts an Soforthilfe bekommen und sind in Existenzangst.)

Es gibt inzwischen Ausgleichszahlungen für als systemrelevante Gruppen geltende Berufe wie Ärzte, Physiotherapeuten die sich am vorherigen Einkommen orientieren. Das kann nicht sein, dass solche Regelungen nur für lobbystarke Berufsgruppen geltend gemacht werden.

Jeder Einzelne, der in diesem Land durch seinen kleinen Betrieb oder seine künstlerische Arbeit einen Teil beiträgt, ist systemrelevant. Eine funktionierende Gesellschaft besteht aus vielen kleinen Rädchen im Getriebe und nur so kann es funktionieren. Es ist ein solidarisches System, wenn man es richtig angeht. Und das wäre in dieser Zeit enorm wichtig, damit es uns nicht spaltet und noch politikverdrossener macht, als viele ohnehin schon sind, die dann gern mal nach einem starken Führer rufen. In dieser Zeit liegt die Chance Vertrauen zu schaffen. Wird das nicht erreicht öffnet man Tür und Tor für andere Kräfte, denen wenig am Erhalt unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung liegt und denen diverse und vielfältige Kultur, die sich frei und offen äußert und einen wichtigen Beitrag in dieser Gesellschaft leistet, herzlich wenig bedeutet.

In der Hoffnung auf eine gute Lösung und ein Einsehen,
Christina Lux


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Foto: meyeroriginals



Angeregt durch mein nettes Bild des verträumten Künstlers hat die wunderbare Katie Freudenschuss nun dies gezaubert.


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